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Alexander Delfinov, 1971 in Moskau geboren, lebt in Berlin und Bonn. Er ist Dichter, Slampoet, Journalist und Menschenrechtsaktivist. Delfinov setzt sich insbesondere für Drogenabhängige und Menschen mit psychischen oder geistigen Problemen ein. Viele seiner Gedichte veröffentlicht er auf Social Media.

Präsident und Deserteur

übersetzt von Georg Witte

Gospodin president, den infamen Befehl gaben Sie,
Man bläst Märsche, als ob Sie den Krieg schon gewonnen hätten,
Und obwohl Sie so viele betrügen, uns täuschen Sie nie,
Keine Mauer, kein Turm Ihres hohen Palasts wird Sie retten.
Gospodin president, nein, kein Zar sind Sie, sondern ein Dieb,
Usurpator und Schuft auf den Trümmern des alten Imperiums,
Und die Schande nur werden Sie ernten, bestimmt keinen Sieg.
Ja selbst jene verfluchen Sie schon, die auf Sie schworen.
Aller Blut zu vergießen, das fällt Ihnen leider nicht schwer,
Eine einzige Freiheit noch bleibt uns, die Flucht aus den Gräben,
Ihnen dienen, ich tu’s nicht, niemals, denn ich bin Deserteur
Bis ans Ende des kurzen, zu kurzen mir bleibenden Lebens.

Gospodin president, im TV ist Ihr Feind ein Faschist,
Doch Sie reden wie jeder als Dealer verkleidete Spitzel,
Dem kein krummes Geschäft und kein Mord eine Schwierigkeit ist.
Und Sie ähneln frappierend genau Ihrem Vorgänger – Hitler,
Hat den „Anschluss“ gemacht und im Blitzkrieg dann Polen verschluckt
Mit Herrn Stalin im Bund – den Sie ehren und hochleben ließen,
Haben Schaum vor dem Mund in der einsamen Todessucht,
Keine Sorge, Sie werden die beiden sehr bald schon begrüßen.
Sie gefallen sich golden geschmückt vor dem schändlichen Heer,
Mancher singt Ihnen Hymnen und wirft sich dem Ungott zum Fraße.
Ihnen singen werde ich nicht, denn ich bin Deserteur,
Wenn ich’s schaffe, dann bin ich im Morgengraun auf der Straße.

Gospodin president, Sie verkünden das höhere Ziel –
Ein gesichertes Land, und Sie küssen das Kind auf die Wange,
Doch Sie sind nicht der Fürst, dem das Sammeln der Länder gefiel,
Ein Tyrann sind Sie, der vor den eigenen Diensten schon Angst hat.
Nur der Spiegel verrät, wie es ist, Gospodin president,
Dass die anderen menschlicher leben, mit röteren Backen.
Was als Seide Sie tragen, ist härter als eine Persenning,
Aus den Prunksälen will man nur raus, seine Sachen schnell packen,
In das Weite, dаs Steile, da ist nur der Wind Kommandeur.
Doch wohin fliehen Sie, vor sich selbst, nur sich selbst zu erschlagen?
Ihr Erschlagen, das brauche ich nicht, denn ich bin Deserteur,
Nicht Erschlagen ist meine Wahl, sondern das Leben zu wagen.

Aber irgendwo drinnen vielleicht, Gospodin president,
Lebt der Junge noch, der mit den Träumen vom glücklichen Morgen,
Doch im Kerker der Seele verschmachtet er, Auslandsagent,
Denn der Opa hat andere Träume, oder sagen wir Sorgen:
Werden die mich vergiften, oder planen sie gar einen Putsch?
Hintergehen sie mich? Oder lachen sie hinter dem Rücken?
Der Diktator wird alt, und banal, wie das Böse, bald futsch.
Schlottert selbst, wenn er droht, auf den tödlichen Knopf zu drücken.
Reicht die Schwärze der kosmischen Löcher Ihnen nicht mehr?
Sind Sie wirklich, tatsächlich bereit, diesen Knopf, diesen roten …
Ich hab‘ längst die Entscheidung getroffen, ich bin Deserteur,
Wenn mein Leben auch schrumpfen soll in seine letzte Minute.

Gospodin president, Sie verpassen jetzt einen Moment,
Wer ins Klo spült den Feind, kann die Stimme des Dichters nicht hören?
Gospodin president, ach Sie sind nur ein Scheinpräsident,
Wenn Sie gern auch, so gern auch ein richtiger Präsident wären.
Sie verstehen genau, dass Sie niemals ein Held werden, nie,
Und man wird Sie noch richten für all Ihre Worte und Taten.
Gospodin president, den infamen Befehl gaben Sie,
Und der Tag des Gerichts lässt nicht lang, nicht mehr lang auf sich warten.
Wenn der Herr Referent, ein vor Angst krummgehüpfter Satyr,
Ihnen morgens die Аkte, wie Schmiergeld im Brief, unterbreitet,
Wenn Sie schmunzeln wenns heißt im Report: „Liquidiert – Deserteur“,
Übersehen Sie dieses: Ihr eigener Tod ist bereitet.

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